Browser Wars 2

Wie jedes populäre zeitgenössische Epos bestehen auch die Browser Wars aus mindestens zwei Teilen. Die Handlung des ersten Teils war noch verhältnismäßig überschaubar – das mächtige Reich von Gondor Netscape konnte seine Grenzen nicht gegen die dunklen Künste Microsofts verteidigen. Der Marktanteil des Internet Explorer wuchs, bis sich im Augenblick größter Bedrohung ein junger Verwandter des alten Navigators aufmachte, um den Fluch des Quirks Mode zu zerstören.

Der zweite Teil ist leider weniger eingängig als die literarische Vorlage: Neben Firefox und Internet Explorer bevölkern u.a. Safari, Chrome, Opera und einige kleinere Kontrahenten die Arena. Technisch ist der Internet Explorer 8 mit einem ACID3-Ergebnis von 20/100 kaum mehr satisfaktionsfähig, und auch die nächste Version des Browsers scheint am Vorsprung der Konkurrenz wenig zu ändern. Auf wichtigen Märkten liegt MSIE mittlerweile sogar hinter Firefox, und für gewisse wachsende Plattformen wird er überhaupt nicht angeboten.

Auf dem Mac ist die Verwendung von Safari die nächstliegende Lösung: Apples Browser ist perfekt ins Betriebssystem integriert, enorm schnell dank der WebKit-Engine und konform mit allen relevanten Webstandards. Der einzige Wermutstropfen: Ausgerechnet der Betreiber des iTunes App Store (There's an app for that.) bietet keine Möglichkeit, seinen Browser anzupassen, so dass Add-On-Entwickler auf Hacks wie SIMBL angewiesen sind.

Firefox ist ebenfalls standardkonform, wobei die verwendete Gecko-Engine nicht ganz so schnell ist wie WebKit. Auch bei der Mac-Integration hapert es etwas (wobei sich die Keychain-Unterstützung per Add-On nachrüsten lässt). Das speziell für den Mac angepasste Firefox-Derivat Camino bietet sich zwar als Alternative an, ist aber noch etwas langsamer. Dafür unterstützt Firefox Link Prefetching, was die Anzeige einzelner Seiten auf entsprechend präparierten Sites beschleunigen kann. Im Bereich Datenschutz bietet Firefox die Möglichkeit, sämtliche Cookies und andere Elemente automatisch beim Beenden des Browsers zu löschen. Das ist erheblich praktischer als der Porn Mode Private Browsing, wenn man nicht unbedingt sämtliche Spuren verwischen, aber den Datensammlern etwas ins Handwerk pfuschen möchte.

Opera liegt in der Gruppe der populären Browser auf dem letzten Platz (jedenfalls bei einem technisch interessierten Publikum), obwohl es ebenfalls den ACID3-Test besteht. Tatsächlich gibt es keine zwingenden Argumente für den norwegischen Browser: Er ist deutlich langsamer als Gecko- und WebKit-basierte Browser und die Presto-Engine schneidet auch im Bereich CSS3-Unterstützung nicht besonders gut ab. Etwas beängstigend ist die Option Opera Turbo, die alle Anfragen über Operas Server umleitet, um dann nur noch mit gzip komprimierte Seiten zurückzuschicken. Wer per Modem mit dem Internet verbunden ist und sein Surfverhalten neben Google unbedingt auch Opera Software ASA bekannt machen möchte, wird diese Möglichkeit sehr begrüßen. Als Ausgleich bietet Opera die ClickToFlash-Funktionalität serienmäßig.

Google ist mit der Mac-Version von Chrome erst vor wenigen Tagen in den Markt eingestiegen und hat bereits jetzt mit der Umbenennung des Private Browsing in Incognito Browsing (A handy feature for planning surprise gifts and birthdays!) einen schönen Beitrag zur Vielfältigkeit der Browser-Landschaft geliefert.

Ansonsten ist Google in der komfortablen Position, die besten Eigenschaften von Firefox (Erweiterbarkeit, wenn auch mit Abstrichen) und Safari (WebKit und Keychain-Integration) übernehmen zu können. Bei der Verarbeitung von JavaScript setzt Google allerdings auf die Eigenentwicklung V8 (statt WebKits SquirrelFish). Das Ergebnis überzeugt erstaunlicherweise vor allem bei der Verwendung der V8 Benchmark Suite. Bei anderen JS-Tests liegt Safari weiterhin leicht in Führung. Die euphorischen Berichte über Chromes unglaubliche Geschwindigkeit gehen vermutlich zu gleichen Teilen auf Auto-Suggestion und DNS Prefetching zurück. Im Gegensatz zum von Firefox und Opera unterstützten Link Prefetching werden dabei nicht Elemente möglicher Zielseiten nachgeladen, sondern lediglich DNS-Anfragen für externe Links (z.B. auf Suchergebnisseiten) vor dem Aufruf der Zielseiten abgearbeitet.

Mein Lieblingsfeature ist die Weiterentwicklung der Firefox'schen Adresszeile, die für Nicht-URLs automatisch eine Google-Suche startet (oder sogar den passenden Wikipedia-Artikel anzeigt). Safari versucht lediglich, .com zu ergänzen, und gibt dann auf. Google kombiniert das Adress- und das Suchfeld zur Omnibar, was für Übersichtlichkeit im oberen Fensterbereich sorgt (und das Ausführen einer Google-Suche noch stärker mit dem direkten Aufruf einer URL verwebt).

Wie mit Safari müssen Cookies etc. in Chrome manuell gelöscht werden, wobei Google in der Standardeinstellung nur die Cookies der letzten 24 Stunden löscht. Um sämtliche Cookies zu löschen, ist ein weiterer Klick erforderlich. Honi soit qui mal y pense.

Google stellt den Source Code seines Browsers als Chromium unter einer BSD-Lizenz zur Verfügung. Wer also nachvollziehbare Vorbehalte gegen Googles Allgegenwart hat – oder wem das EULA etwas zu großzügig gegenüber Google erscheint – kann den Chrome-Browser auch aus einer anderen Quelle erhalten.

Sieht man sich die Tabelle an, fällt die Wahl schwer:

Safari Firefox Camino Opera Chrome
Rendering Engine WebKit Gecko Gecko Presto WebKit
ACID3 100 92 51 100 100
Add-Ons Na ja (SIMBL) Ja (API) Ja Ja (API) Ja (API geplant)
Open Source Nein Ja Ja Nein Ja
Keychain-Integration Ja Ja (mit Add-On) Ja Nein Ja

Im Moment bleibt Safari mein Default Browser, aber Chrome ist eine verlockende Option.