Ersatzreligion

Veganismus, Vollwertkost, Rohkost, Low Carb bzw. Steinzeiternährung und salzfreie Ernährung verbinden sich langsam zu einem Gesamtbild, das die eifersüchtigen Kirchen aber nicht als erfolgreiche Umwidmung der Sündenmetaphorik, sondern als Krankheit betrachten möchten – und damit als Ergänzung zu den klassischen Essbehinderungen wie Laktose-, Gluten-, Eiweiß-, Hefe- und Topinambur-Intoleranz.

Diese Strategie wird den Kirchen aber wenig helfen, denn in den wichtigen Testkriterien Inbrunst/missionarischer Eifer und Selbstgerechtigkeit stehen die Futtersekten den traditionellen Anbietern in nichts nach. Der Vorteil der Orthorexie liegt außerdem in der möglichen Kombination verschiedener Varianten, die jeden normalen Einkauf zu einem ausgesprochen spannenden Unternehmen macht. In diesem Punkt können klassische Religionen selbst in fundamentalistischen Ausprägungen mit ihren zwar starren, aber innerhalb des jeweiligen Wahnsystems kohärenten Regelkatalogen nicht mithalten.

Nur bei den Verheißungen haben Christentum etc echte Vorteile: Was ist schon mehr Wohlbefinden im fortgeschrittenen Alter gegen ewige Glückseligkeit?