Zweifrontig

Die professionelle Beschäftigung mit Literatur gilt in der modernen Gesellschaft zugleich als besonders anspruchsvoll und als unwissenschaftliches Hobby für schwärmerische Narzissten. Vor allem letztere Einschätzung führt zu einer rabiaten Verdrängung humanistischer Bildung im weiteren Sinne von den Lehrplänen, die dem seit Jahrhunderten drohenden Untergang des Abendlandes endlich den nötigen Schwung verleihen könnte.

Allerdings geraten mittlerweile auch vermeintlich unangreifbare MINT-Fächer unter Druck: Ferdinand Knauß sieht in der Wirtschaftswoche die Biologie als wissenschaftliche Disziplin durch Gender-Ideologen in der Stuttgarter Landesregierung bedroht, und in den Vereinigten Staaten müssen solide begründete Theorien gegen Angriffe auf Grundschulniveau verteidigt werden.

Die Biologie kann sich glücklich schätzen, dass bibeltreue Christinnen sich im komplexen Theoriegebäude Judith Butlers selten auskennen, sonst würde ihr in künftigen Auseinandersetzungen gleichzeitig Dogmatismus und Relativismus vorgeworfen.