Gesteuerte Digitalisierung

Meine Experimentierfreude in technischen Zusammenhängen endet bei der Steuererklärung. Weil das Elster-Projekt der Finanzbehörden bis 2013 eine Windows-Umgebung und/oder Oracle Java voraussetzte, nutze ich seit 2002 einen Online-Dienst, dessen einzige Funktion darin besteht, mich durch den Hauptvordruck und diverse Anlagen zu geleiten und anschließend ein PDF-Dokument zum Ausdruck zu generieren. Obwohl der Postversand einer unterschriebenen Steuererklärung zunehmend archaisch ist, halte ich an diesem Verfahren fest, bis die Finanzbehörden ein klares Zeichen setzen: Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 werden papierne Erklärungen nicht mehr akzeptiert.

Zunächst versuche ich, dem vertrauten Online-Dienst ein Mandat für den Belegabruf und die digitale Übermittlung der Steuererklärung erteilen. Dieser Weg scheitert, weil ich in einem (verdrängten) Anflug von Digitalisierungsbereitschaft offenbar vor einigen Jahren bereits ein Mandat erteilt habe, das nicht zum jetzigen Projekt Steuererklärung 2021 passt (ERR-DIO-MISMATCH). Der Support des Online-Dienstes schlägt vor, das vorhandene Mandat über das Elster-Portal zu löschen. Das ist eine gute Gelegenheit, meinen elektronischen Personalausweis zum Einsatz zu bringen. Ich registriere mich mit dem Ausweis, lösche das Mandat und beantrage (innerhalb des Online-Dienstes) ein neues Mandat. Nun erscheint für mich eine neue Fehlermeldung (offener Genehmigungsantrag, ERR-APP-OPEN), während für die mit mir zusammenveranlagte Person weiterhin ERR-DIO-MISMATCH angezeigt wird.

Weil ich nun schon im Elster-Portal registriert bin, erteile ich Elster (und damit mir selbst) die Berechtigung zum Belegabruf. Der Belegabruf für die mit mir zusammenveranlagte Person funktioniert nicht, weil sie keinen elektronischen Personalausweis nutzt und die Freigabe daher über einen Schlüssel bestätigen muss, der ihr per Post zugeschickt wird. Ich kann ihre Daten allerdings auch (wie bisher beim Online-Dienst) manuell eingeben und die fertige Steuererklärung nach etwa 20 Minuten in elektronischer Form einreichen. Sogar eine Zustellung des Steuerbescheids per E-Mail wird mir in Aussicht gestellt. Wer hätte gedacht, dass mich ausgerechnet die deutschen Steuerverwaltungen zur Digitalisierung zwingen?

(Dieser Beitrag wurde auch im Techniktagebuch veröffentlicht.)

Nachtrag: Als Tierschutzverein mit stillgelegtem Postfach hätte ich vor 2022 bei meinen Elster-Aktivitäten größere Schwierigkeiten gehabt, aber die Finanzbehörden haben freundlicherweise Privatpersonen – anders als Tierschutzvereinen – eine vollständig digitale Steuererklärung erst nach der Beseitigung aller potentiellen Hürden abverlangt.