Ohne erkennbaren Anlass wurde vor einigen Tagen die schon häufiger geführte Diskussion um die richtige Formatierung von E-Mails in zwei separaten Threads der Mailingliste mutt-users aufgegriffen. Während einer der Threads nach wenigen Beiträgen endete, wuchs der andere sich zu einem schier endlosen Geflecht aus. Man diskutierte die einschlägigen RFCs, kleine Smartphone-Bildschirme sowie die (fehlende) Unterstützung verbreiteter MUAs für RFC2646 (format=flowed
) und schlug die Definition eines neuen MIME-Typs vor. Aufwendige Lösungen mit mehreren vim-Fenstern und par-Pipes und sogar der Versand von HTML-Mails mit mutt wurden als Kompromissangebot
ins Spiel gebracht. Radikale Ansätze wie der Verzicht auf Zeilenumbrüche wurden geschmäht, und der Aufwand für die Drehung eines Smartphones wurde gegen den Aufwand für eine Smartphone-kompatible Formatierung von E-Mails abgewogen.
Staunend stehe ich vor dem Furor der Diskutantinnen und frage mich, ob format=flowed
für Empfängerinnen mit den üblichen MUAs tatsächlich besser aussieht. In mutt führt diese Formatierung nämlich zu einer weniger schönen Darstellung, vor allem in Verbindung mit Listen/Aufzählungen:
# hard wrapped 3. In enim justo, rhoncus ut, imperdiet a, venenatis vitae, justo. Nullam dictum felis eu pede mollis pretium. Integer tincidunt. 4. Cras dapibus. Vivamus elementum semper nisi. Aenean vulputate eleifend tellus. Aenean leo ligula, porttitor eu, consequat vitae, eleifend ac, enim. # format=flowed 3. In enim justo, rhoncus ut, imperdiet a, venenatis vitae, justo. Nullam dictum felis eu pede mollis pretium. Integer tincidunt. 4. Cras dapibus. Vivamus elementum semper nisi. Aenean vulputate eleifend tellus. Aenean leo ligula, porttitor eu, consequat vitae, eleifend ac, enim.
Outlook (Mac) stellt beide Varianten nahezu identisch dar (mit einer Begrenzung der Zeilenbreite auf etwa 72 Zeichen), und auch mit Apple Mail (iOS/iPadOS) ist im Porträtformat kein Unterschied sichtbar. Im Querformat wird die Bildschirmbreite mit format=flowed
tatsächlich vollständig genutzt (> 72 Zeichen), was aber zu Lasten der Aufzählungen geht und – wie in mutt – unschöne Lücken durch aufeinander folgende Leerzeichen erzeugt.
Mit anderen Worten: Die Kombination von set text_flowed = yes
(in .muttrc) und
autocmd FileType mail setlocal formatoptions+=w
(in .vimrc) funktioniert zwar as advertised, ist aber nicht zu empfehlen. In den Worten von Derek Martin:
The bottom line is there is absolutely no reason why hard-wrapped lines of plain text at 72 characters should ever need to display unreadably for any desktop user, or even anyone on any reasonable mobile device which can rotate lines parallel to their longer side, that doesn't boil down to the choice of the user. Flouting the standards is a bad habit to be in. They exist for good reason; if you choose to abandon them you do so at your own peril, and the rest of us should not be expected to accommodate you.
Einigen Teilnehmerinnen ist die geringe Relevanz der gesamten Diskussion für den Lauf der Welt durchaus bewusst, und dennoch beharren sie auf ihrer technologischen Unabhängigkeit:
Apart from that, the big difference between using whatsapp or email is that with email you get independence: I have my own email servers using my own domains that just a court can take away from me, use the OS and MTA of my choice that I can modify and compile from source, set up my spam filters, webmail and everything else just the way I want, and everything works the way I want.
It's like being the owner of my own piece of land or just a poor peasant in somebody's else huge land.