Die Skalierung des Strafmaßes im Kirchenrecht und der Reaktionsfähigkeit der katholischen Kirche sind für Außenstehende mitunter überraschend. So kann man als Priester bereits für die Segnung eines Paares sehr schnell abgemahnt oder als Angestellter für Droggenschmuggel zügig und unwiderruflich freigestellt
werden, während die Höchststrafe – die Entlassung aus dem Klerikerstand samt Verlust aller Privilegien – erst nach einer Verurteilung zu einer langjährigen Freiheitsstraße für die vielfache Vergewaltigung von Kindern verhängt wird. Die Entlassung hält der etwas vergessliche Fachvorgesetzte des ehemaligen Klerikers für mehr als angemessen
, was die Frage aufwirft, wie eine angemessene Strafe aus Sicht des Kölner Kardinals ausgesehen hätte.
Aber vielleicht sollte man sprachlich mit Kirchenfunktionären nicht allzu streng sein, wenn mediale Begleiter wie Ulrich Pick die repressive und ausgrenzende Sexualmoral der Kirche mit einer asketischen Lebensweise und massenhafte, vertuschte Gewaltverbrechen mit dem Genuss alkoholischer Getränke vergleichen:
Zwar hat es sexuelle Gewalt auch in Sportvereinen, Schulen oder Chören gegeben, die ebenfalls der Aufarbeitung harren, doch die sogenannte moralische Fallhöhe der katholischen Kirche ist eine andere. Hier wurde über Jahrzehnte Wasser gepredigt und – wie wir jetzt wissen – massenweise Wein gesoffen. Das empört, und zwar nachhaltig.