Obwohl ich durch Adblocker, Little Snitch und habituelles Opt-Out versuche, mein digitales Profil unscharf zu halten, werde ich ständig von Koinzidenzen zwischen meinem Verhalten und frischen Inhalten im Internet überrascht. Georg Honsel etwa vergleicht die Sprachlern-Apps Babbel und Duolingo genau eine Woche, nachdem ich die beiden Anwendungen zum ersten Mal ausprobiert habe.
Duolingo stärkt mein Selbstbewusstsein, indem es ausschließlich die in der App verbrachte Zeit (gemessen in Erfahrungspunkten) als Erfolgskriterium verwendet und mich innerhalb weniger Tage auf die Medaillenplätze der Silberliga befördert. Die Lernkurve bleibt allerdings erschreckend flach, weil eine kleine Menge von Beispielsätzen ständig wiederholt wird, ohne grammatische Exkurse oder Kontextualisierung. Dass die Frauen Milch trinken (Las mujeres beben leche.
), werde ich nie wieder vergessen, und dass Spinnen bei Duolingo stets Vogelspinnen sind (La araña come los pájaros.
) auch nicht. Ein alltagstaugliches Verbinventar jenseits von hablar, comer und beber fehlt mir dagegen weiterhin. Wie Honsel es ausdrückt:
Seit drei Jahren lerne ich Niederländisch mit der Duolingo-App. Meine Erfolge können sich sehen lassen: Ich habe einen 550-Tage-Streak, insgesamt 63 002 XP gesammelt, bin seit 57 Wochen in der Diamond League, habe in sechs Achievements das höchste Level erreicht und kann für jeden Monat seit August 2021 eine lückenlose Sammlung an Badges vorweisen.
Leider kann ich immer noch kein Niederländisch. Beim letzten Urlaub kam ich kaum über eine gestotterte Essensbestellung hinaus. Sprachen lernt man vor allem durch Sprechen, schon klar. Ich habe auch nie ernsthaft erwartet, allein durch eine App irgendwann flüssig parlieren zu können. Trotzdem: So grottig hatte ich mir das digitale Lernen nicht vorgestellt.
Immerhin baut Duolingo auch ein wenig Surrealismus ein (Los patos leen el periódico.
).
Babbel ist dagegen nicht nur Duolingo für Erwachsene
(Honsel), sondern auch sehr viel zielorientierter. Die Lektionen beziehen sich auf alltagstaugliches Vokabular, Lern- und Übungsphasen wechseln sich ab, und es stehen verschiedene Methoden zur Wiederholung zur Verfügung (Karteikarten, Sprechen, Hören, Schreiben). Erstaunlicherweise ist Georg Honsel trotzdem zu Duolingo zurückgekehrt, um sich weiterhin loben zu lassen. Yo prefiero aprender español (con Babbel).
Die tagesschau-Redaktion ist von den Vorgängen in einer ehemaligen britischen Kolonie erschüttert:
Ein Ex-Präsident der USA muss ins Gefängnis und sich dort wie ein Schwerverbrecher für ein Polizeifoto ablichten lassen.
Abgesehen davon, dass auch unbescholtene Menschen sehr leicht in den Genuss eines mug shots kommen, könnte dem Fulton County Inmate Number P01135809 im Verlauf diverser Gerichtsverfahren durchaus ein Status als Schwerverbrecher attestiert werden.
Der beständigen Klage über die rückständige Digitalisierungswüste Deutschland sollte man fairerweise entgegenhalten, dass die kanadische Regierung sich erst 10 Jahre nach der deutschen zu einer Art Leistungsschutzrecht hat überreden lassen. Die Effekte sind offensichtlich reproduzierbar.
Für einen kurzen Moment schien eine Mischung aus technischer Naivität und einem sehr menschlichen Interesse an pornographischem Material das Erzbistum Köln in ein mildes Licht zu tauchen, und an diesem Punkt wäre der in anderen Kontexten verstörende Rückbezug auf Heinrich Heine durch den Kölner Stadt-Anzeiger (Ist das nicht ein Fall von Wasser predigen und Wein trinken?
) angemessen. Wenn man allerdings – wie die katholische Kirche – jegliche Pornographie als diabolisches Laster und schwere Sünde einstuft, gibt es keinen nennenswerten Unterschied zwischen lustigen Filmen auf PornHub und sexueller Gewalt an Kindern – und wenig überraschend haben sich die Internet-Recherchen der Kleriker mutmaßlich auch auf Missbrauchsdarstellungen bezogen.
Das Erzbistum sieht sich bemüßigt zu betonen, der Kardinal selbst gehöre nicht zu denjenigen, die Internetseiten mit Gewaltdarstellungen, Pornografie oder auch Drogen
aufrufen wollten. Sehr beruhigend.
Obwohl ein Wechsel des Terminal-Emulators keine Lösung für das kürzlich aufgetretene Redraw-Problem war, habe ich mich in den Kaninchenbau der verschiedenen Angebote begeben. Mein Favorit unterstützt zwar aus Prinzip keine Tabs und erfordert eine eigenhändige Signatur, bietet dafür aber einen Vi Mode und wird per Textdatei (~/.alacritty.yml
) konfiguriert.
Nach und nach stellen auch deutsche Behörden PDF-Dokumente statt papierner Bescheide bereit, aber jiska hat keine Lust auf Hochglanz. Mit ImageMagick lassen sich nämlich Dokumente ableiten, die sehr viel authentischer aussehen als der Output meines braven Dokumentenscanners:
convert -density 90 input.pdf -rotate 0.5 -attenuate 0.2 +noise Multiplicative -colorspace Gray output.pdf
Ausnahmsweise habe ich Probleme, die weder mit DNS noch mit Unicode zusammenhängen, sondern mit der Kombination von mutt, einer alten ncurses-Version und dem Terminal in macOS 13.5. Als kurzfristige Lösung wird mir ein Umstieg auf iTerm2 (natürlich mit Zenburn) vorgeschlagen, leider ohne Erfolg.
Der zweite Vorschlag bezieht sich auf die Kompilation von mutt ohne Homebrew –
./configure --enable-gpgme --enable-hcache --with-curses=/opt/homebrew/opt/ncurses --with-tokyocabinet=/opt/homebrew/opt/tokyo-cabinet --with-gpgme-prefix=/opt/homebrew/opt/gpgme --with-libgpg-error-prefix=/opt/homebrew/opt/libgpg-error
– was meine Entscheidung für Homebrew noch einmal bestätigt:
In file included from crypt-gpgme.c:47:
/opt/homebrew/Cellar/gpgme/1.21.0/include/gpgme.h:30:10: fatal error: 'gpg-error.h' file not found
#include <gpg-error.h>
^~~~~~~~~~~~~
1 error generated.
Wie in vielen anderen Bereichen führt ein Kompromiss zum Erfolg. Ich modifiziere eine Kopie der Konfigurationsdatei /opt/homebrew/opt/mutt/.brew/mutt.rb
, indem ich die Zeilen
depends_on "ncurses"
--with-curses=#{Formula["ncurses"].opt_prefix}
an geeigneter Stelle hinzufüge und uses_from_macos "ncurses"
entferne. Anschließend lässt sich mutt widerstandslos mit der richtigen ncurses-Version erzeugen:
$ brew install --build-from-source mutt.rb
$ mutt -v
Mutt 2.2.10 (2023-03-25)
Copyright (C) 1996-2023 Michael R. Elkins and others.
Mutt comes with ABSOLUTELY NO WARRANTY; for details type `mutt -vv'.
Mutt is free software, and you are welcome to redistribute it
under certain conditions; type `mutt -vv' for details.
System: Darwin 22.6.0 (arm64)
ncurses: ncurses 6.4.20221231 (compiled with 6.4)
libiconv: 1.11
libidn2: 2.3.4 (compiled with 2.3.4)
hcache backend: tokyocabinet 1.4.48
Um ein Überschreiben dieses individuell konfigurierten mutt im Zuge von brew upgrade
zu verhindern, genügt brew pin mutt
.
Langfristig hoffe ich natürlich auf eine Fehlerbehebung durch Apple (Aktualisierung der mit macOS ausgelieferten ncurses-Version) oder Homebrew (Verwendung einer neueren als der mit macOS ausgelieferten ncurses-Version), aber für den Moment kann ich wieder arbeiten.
Um Traffic zu sparen, reduziere ich die Sichtbarkeit meiner Website etwas:
# robots.txt
User-agent: GPTBot
User-agent: Baiduspider
User-agent: YandexBot
User-agent: facebot
Disallow: /
Positiver Nebeneffekt: Künftige chinesische, russische und AI overlords werden meine unbotmäßigen Äußerungen nicht sofort im Blick haben.
Die Energie, die früher in Kopierschutzmaßnahmen (und ihre Umgehung) geflossen ist, konzentriert sich mittlerweile auf Schummelei (und ihre Bekämpfung). Wenn man diese und ähnlich energieintensive Aktvititäten in produktive Richtungen umleiten könnte, wären Klimaneutralität, Weltfrieden und allgemeiner Wohlstand in wenigen Monaten erreicht.
Die bildungsbürgerliche Variante des modernen Clickbaits (Sie haben Bananen immer falsch geschält! Wir zeigen Ihnen, warum.
) ist die falsche Übersetzung eines fremdsprachigen Bonmots:
Über Tote soll man nur Gutes sagen, heißt es oft. Doch das lateinische Sprichwort wurde falsch übersetzt. Denn De mortuis nihil nisi bene
bedeutet wörtlich: Über Tote rede man nur gut.
Es geht also darum, dass man über Tote in guter, korrekter Weise spricht, also mit Tatsachen und nicht mit Verleumdungen. Die Phrase, dass über Tote nur Gutes gesagt werden darf, beruht auf einer falschen Übersetzung.
Interessanterweise wird hier als wörtliche Übersetzung eine weitere Paraphrase eingeführt, die von Über die Toten Nichts, es sei denn (etwas) Gutes.
abweicht, um im zweiten Schritt kühn zu behaupten, gut
sei in diesem Kontext eine Auflistung zutreffender Tatsachenbehauptungen. Herr Ortmeyer hätte seinen Artikel auch ohne Verrenkungen mit dem Satz Martin Walser ist tot und war Rassist.
einleiten können. Si tacuisses, philosophus mansisses.
Dank Typinator muss ich mir um unpassende Formatierungen eingefügter Textelemente eigentlich keine Gedanken machen, aber manchmal ist ⌘V naheliegender.
Die Skalierung des Strafmaßes im Kirchenrecht und der Reaktionsfähigkeit der katholischen Kirche sind für Außenstehende mitunter überraschend. So kann man als Priester bereits für die Segnung eines Paares sehr schnell abgemahnt oder als Angestellter für Droggenschmuggel zügig und unwiderruflich freigestellt
werden, während die Höchststrafe – die Entlassung aus dem Klerikerstand samt Verlust aller Privilegien – erst nach einer Verurteilung zu einer langjährigen Freiheitsstraße für die vielfache Vergewaltigung von Kindern verhängt wird. Die Entlassung hält der etwas vergessliche Fachvorgesetzte des ehemaligen Klerikers für mehr als angemessen
, was die Frage aufwirft, wie eine angemessene Strafe aus Sicht des Kölner Kardinals ausgesehen hätte.
Aber vielleicht sollte man sprachlich mit Kirchenfunktionären nicht allzu streng sein, wenn mediale Begleiter wie Ulrich Pick die repressive und ausgrenzende Sexualmoral der Kirche mit einer asketischen Lebensweise und massenhafte, vertuschte Gewaltverbrechen mit dem Genuss alkoholischer Getränke vergleichen:
Zwar hat es sexuelle Gewalt auch in Sportvereinen, Schulen oder Chören gegeben, die ebenfalls der Aufarbeitung harren, doch die sogenannte moralische Fallhöhe der katholischen Kirche ist eine andere. Hier wurde über Jahrzehnte Wasser gepredigt und – wie wir jetzt wissen – massenweise Wein gesoffen. Das empört, und zwar nachhaltig.