Es begann an einem Donnerstag. Das Schloss stand nicht mehr an seinem Platz. Als Herr Weber aus dem Fenster schaute, bemerkte er, dass sein Schloss plötzlich mitten in einem Wald stand. Vorher hatte es auf dem örtlichen Marktplatz gestanden. Auch sein normalerweise goldseidener Morgenmantel schimmerte heute in einem prächtigen Königsblau. Sein kluger blauer Arapapagei war plötzlich rot und redete französisch statt italienisch. Herr Weber öffnete den Eisschrank. Wo gewöhnlich Lachs und Kaviar auf den Verzehr warteten, fand er nun Trüffel und Wachteleier. Herr Weber fand das alles recht merkwürdig, aber nicht weiter Besorgnis erregend. Es war zwar alles anders, aber nicht schlechter.
Herr Weber tätschelte den Papagei. Dieser sagte: Merci!
, und Herrn Weber gefiel die Abwechslung in der morgendlichen Begrüßung. Das Wachtelrührei mit Trüffeln mundete auch vorzüglich, Blau stand ihm sowieso viel besser als Gold, und es war wunderschön, dass sein Morgenspaziergang durch einen erwachenden Wald führte statt über den tristen Marktplatz. Mittlerweile war es schon Freitag, selbst die Zeit hatte sich verändert. Als Herr Weber von seinem Waldspaziergang zurückkehrte, stand vor dem Schloss anstelle des alten Kastellans eine Stechuhr in Form eines Yetis. Die Yeti-Stechuhr aber wollte Herrn Weber nur dann ins Schloss lassen, wenn er seine Hand in ihr Maul steckte.
Herr Weber dachte kurz nach. Er war Veränderungen gegenüber stets aufgeschlossen, und Lust auf einen Machtkampf mit der Yeti-Stechuhr hatte er nicht nach dem schönen Spaziergang. Er steckte ihr also die Hand ins Maul, die Yeti-Stechuhr biss zu und gab den Weg frei. Aber wie wunderte sich Herr Weber nun, als er statt der Eingangshalle seines Schlosses ein riesengroßes Schwimmbad vorfand. Aber warum nicht, Schwimmen war ja gesund. Herr Weber entledigte sich seiner edlen Kleidung und beschloss, den Weg zum Raucherzimmer kraulend zurückzulegen. Dort angekommen, wollte er, wie er es gewohnt war, eine teure Zigarre genießen. Doch gerade als er die Flamme entzündete …
… kam nicht - wie erwartet - ein lustig züngelnd Feuerlein hervor, sondern ein kalter Wasserstrahl durchweichte die teure Zigarre, sodass sie ganz ungenießbar ward. Nun begann Herr Weber ein wenig ungehalten zu werden. Wenn sein Zigarrengenuss angegriffen wurde, dann hörte der Spaß wirklich auf. Er beschloss, der Sache ein Ende zu machen. Der beste Weg würde sein, einfach wieder zu Bett zu gehen und so lange zu schlafen, bis alles wieder beim Alten wäre. Doch - oje - als er den Weg zum Schlafzimmer einschlug, fand er hinter der Türe keineswegs sein prachtvolles Bett. Der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm den Atem …
denn statt seines Himmelbettes erblickte er eine riesige, goldbeschlagene Schiffschaukel, ein großes, buntes Karussell mit Holzpferden und eine Geisterbahn. Im Nu war Herr Webers Zorn verraucht und er beschloss, sich den Vergnügungen einer Geisterbahnfahrt zuerst hinzugeben. Als der Wagen durch die Holztüre bretterte - ach, was war Herr Weber da erstaunt. Das Innere der Geisterbahn war sein Rauchzimmer, der Wagen verwandelte sich in seinen bequemen Ohrensessel und alles war wieder beim Alten. So wurde es doch noch ein ganz normaler Tag.
Das Klecksteufelchen saß tief unten im Tintenfass und kicherte teuflisch! Bald würde der Notar kommen und seine Feder tief ins Fass tauchen, um das superwichtige Vertrags-Dokument zu unterschreiben. Dann - in genau diesem Augenblick - wollte sich das Klecksteufelchen feste an die Federspitze klammern. Sobald die Feder über dem Papier wäre, wollte es sich - Platsch - hinab fallen lassen und einen hässlichen, großen Klecks auf dem superwichtigen Vertrags-Dokument machen. Das Klecksteufelchen rieb sich die Hände, die Vorfreude war kaum noch zu bändigen. Doch es wartete vergebens. Der Vertragsabschluss war geplatzt, weil die Vertragsparteien sich inzwischen zerstritten hatten
Rübe Karlsbad traute seinen Augen kaum. Auf der Bettdecke über seinem Bauch hockte ein grüner Krake. Mit vier seiner Tentakel hielt er sich an Rübe Karlsbad fest, mit zweien hielt er ein aufgeschlagenes Märchenbuch und mit den restlichen zwei Tentakel gestikulierte er, während er Rübe Karlsbad Der Teufel mit den drei goldenen Haaren" vorlas. Rübe Karlsbad wusste nicht genau, was er von der Situation zu halten hatte. Einerseits hörte er sehr gern Märchen, andererseits hatte er den Kraken noch nie zuvor gesehen. Er beschloss, Ruhe zu bewahren und abzuwarten. Und richtig - nach dem Happy-End verabschiedete sich der Krake mit einem höflichen Gute Nacht
und verschwand.
Der Ball war in vollem Gange. Die Damen und Herren der Gesellschaft drehten sich im Walzertakt über die Tanzfläche, der Champagner floss in Strömen und erlesenste Speisen waren im Überfluss aufgetafelt. Die Fenster hatte man mit schwerem Samt verhängt, damit weder Morgensonne noch Vogelgesang das rauschende Fest zu stören vermochte. Plötzlich befand sich ein seltsamer Gast unter den Feiernden - niemand hatte ihn kommen sehen und niemand ihn bisher bemerkt. Sein Antlitz war hager, seine Augen eingefallen, sein Gang langsam und schleppend, sein langes Gewand war bunt gestreift. Die Gäste begannen, hinter vorgehaltener Hand zu raunen und zu tuscheln.
Auch Prinz Persipan, der Gastgeber, bemerkte den Fremden, der nicht wie alle anderen Teilnehmer des Festes ein rundes Gesicht und vorquellende Augen besaß. Vor allem aber erzürnte den Herrn des Hauses das gestreifte Gewand, war das Motto des Abends doch "Uni rot". Laut schallte die Stimme des Prinzen durch sämtliche Räume, und unter seiner schnarrenden Stimme zuckten alle Anwesenden zusammen, alle bis auf den seltsamen Fremden, der furcht- und ekeleinflößend da stand und aus den tief liegenden Augen drohende Blicke in die erstarrte Runde warf. Knüpft ihn auf!
, rief der Prinz und machte in Richtung seiner Dienerschaft eine eindeutige Geste. Die Dienerschaft jedoch interpretierte diese eindeutige Geste falsch und brach in monströses Gelächter aus. Prinz Persipan verstand die plötzliche Heiterkeit nicht, und auch der gestreifte Tod blickte verwirrt aus seiner Kutte.
Der peinliche Augenblick dauerte nur ein paar Sekunden, doch diese paar Sekunden, die der peinliche Moment dauerte, reichten aus, um der Dienerschaft das ganze Ausmaß ihres Fauxpas zu verdeutlichen. Geschwind wurden Hände vor die noch kichernden Mäuler gerissen und mit gesenkten Häuptern nahm das Personal seine Arbeit wieder auf. In der kurzen Zeit der Ablenkung hatte niemand bemerkt, dass die dem unheimlichen Gast Nächststehenden bereits bunte Verfärbungen in den Gesichtern aufwiesen - streifengleich reihte sich Farbe an Farbe - doch nun, als die Gäste dessen gewahr wurden, brach ein Heulen und Zähneklappern hervor, dass selbst dem Gestreiften Tod Schauer des Entsetzens über die bleichen, fleischlosen Knochen trieb.
So kam es, dass der Gestreifte Tod für einen Moment innehielt und die Umstehenden mit manisch-morschem Blick musterte. Sein eigenes Tun ließ ihn erschaudern. Prinz Persipan bemerkte den Moment der Schwäche in des Gestreiften Todes Gesten, und er näherte sich dem Ungebetenen bis auf zwei Ellen. Da, ein spitzer Schrei ließ den Prinzen den Kopf wenden: dort stand die Marquise von L., ihre flache Stirn und ihr ganzes Gesicht waren bunt gestreift wie der Stoff einer Markise, sie blickte mit weit aufgerissenem Mund und schwellender Brust den Herrn des Hauses an. Der Ingrimm des Prinzen steigerte sich ins Unermessliche, er blickte zum Gestreiften Tod und zog drohend den Dolch, um …
… ja warum eigentlich zog er drohend den Dolch? Was hoffte er ausrichten zu können mit dem drohend gezogenen Dolch gegen seinen ungebetenen gestreiften Gast, der doch sowieso schon tot war. Ratlos blickte Prinz Persipan in die Runde. Würde es sinnvoll sein, dem gestreiften Tod einen Dolch in das klappernde Gerippe zu stoßen? Würde er sich damit nicht der Lächerlichkeit preisgeben – und das auch noch vor der Marquise von L.? Was für eine unangenehme Situation. Der Gestreifte Tod erschauderte abermals vor sich selbst, ein klägliches Wimmern entrang sich seiner fleischlosen Kehle und die Umstehenden glaubten die Worte Keiner hat mich richtig lieb
vernommen zu haben.
Und wirklich! Bei genauem Hinsehen konnte man erkennen, dass des Gestreiften Todes ausgedorrte, blutleere Lippen jämmerlich bebten. Der Prinz hielt ein und steckte den Dolch zurück in den Gürtel. Die Marquise von L. näherte sich mit vorsichtigem Schritt dem Fremden, sah ihn lange von oben bis unten und von unten bis oben an und lispelte dann: Wenn ich ehrlich bin, ich mag gestreift! Längs macht es schlank, und quer so schön knuffig. Uni rot hingegen …
- Gestreift, gestreift!
, riefen da alle Gäste, und Prinz Persipan ließ betroffen seinen Blick zu Boden sinken. Nun hob ein munteres Plappern und Kichern an, der Fremde taute rasch auf und es wurde noch ein bunter Abend.
Gott hatte sich furchtbar versprochen. Es werde Licht!
, hatte er gesagt, dabei wollte er sagen: Es werde nicht.
Licht! Als wenn Gott Elektriker wäre! Aber im Grunde hatte die Katastrophe vorher begonnen, als Gottes Tochter Reitstunden nehmen wollte, er als guter Gottvater einen Schimmel und andere Pferde herbeizuzaubern gedachte – und aus Versehen Himmel und Erde schuf. Eben das hatte er rückgängig machen wollen und die Chose noch verschlimmert! Hätte er doch die Hände in den Schoß gelegt und sich einen braven Mann sein lassen. Belämmert sah Gott, wie das Unheil seinen Lauf nahm. Nach wenigen Tagen hatte er genug und kümmerte sich nie mehr um die Scheiße. Feierabend!
Gottes Onkel war ein richtiger Scherzkeks. Aber diesmal trieb er es zu arg. Hier, vor Gottes Haustür, ein schwarzes Loch zu verstecken! Gott rutschte immer näher. Dabei hatte er bereits einen schweren Arbeitstag hinter sich. Erst die Sache mit der Supernova im Orion, die nicht zündete. Später irgend so ein jüdlich-christisch-islamoider Hickhack auf dieser blauen Murmel da. Dann kündigte sein Sohn beim Abendbrot an, Buddhist zu werden. Vor Gott tat sich ein Nirwana auf! Er musste raus, frische Luft schnappen. Kruzitürken! Gott machte sich ganz dünn, finkelte sich um das Loch herum und verschnulpte hinten glücklich. Puh! Das reichte jetzt! Gottes Onkel konnte sich auf was gefasst machen.