Johann Heinrich Pestalozzi

Der Seelenverkäufer

Er hatte sie jetzt alle an Bord; aber sie serbten auch alle. Das Unrecht, das sie litten, drohte den Edelsten unter ihnen den Tod.

Es ging dem Räuber selber ans Herz. Er setzte sich unter sie hin, redete mit ihnen und sagte: »Ihr werdet an dem Orte, wo ich euch hinführe, glücklicher sein, als ihr zu Hause waret. Während der Reise will ich euch alles gestatten, was ich immer kann, und wenn sich einer über irgend etwas zu beklagen hat, so rede er, ich will ihm Recht schaffen.«

Die Sklaven bogen ihr Haupt. Die meisten schwiegen, aber einer sagte: »Wir sind durch Unrecht und böse Gewalt in deiner Hand, und ich für mich will lieber sterben, als einen Mann wie du bist von Recht und Gerechtigkeit reden hören.«

Der Seelenverkäufer antwortete: »Du bist ein exaltierter Mensch und könntest mich in Zorn bringen; aber ich will deiner schonen und allen, die auf meinem Schiffe sind, zeigen, daß ihr es in der Tat besser haben sollt, als irgend jemand, der in eurer Lage ist.«

Der Sklave erwiderte: »Dem sei wie ihm wolle. Es bleibt gleich wahr, daß zwischen dir und uns kein Recht statthat und keines statthaben kann, solange wir auf deinem Schiffe und an deinen Ketten sind.«

Seelenverkäufer: »Aber warum sollte ich nicht zwischen Leuten, die allerseits in meiner Gewalt und auf meinem Schiffe sind, Recht und Gerechtigkeit ausüben können?«

Sklave: »Gott schenke dir Unrecht! Und in der Stunde deines tiefsten Leidens wird er unauslöschlich das Wort in deine Seele legen: Es hat kein Recht statt, und kein Glaube an das Recht, solange das Unrechtleiden nicht aufhört.«

Seelenverkäufer: »Mann, du hast recht. Ich war ein Gefangener, und in der Stunde meines tiefsten Leidens hat Gott sein Wort, wie du es aussprachst, in meine Seele gelegt; aber ich habe es wieder vergessen. Steuermann, kehre zurück! Die Gefangenen sind frei, und du, den ich nicht freimachen kann, weil dein Herz dich in meinen Banden frei läßt, edler Mann, wenn du auf dem Boden deines Landes angekommen sein wirst, so frage dich selbst, ob du mein Freund sein könnest.«